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Sozialpunktesystem und Nachhaltigkeitsziele - wird Deutschland bald zum China 2.0?

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) diskutierte in einer Studie aus dem Jahr 2020 über die Einführung eines Sozialkreditsystems in Deutschland nach chinesischem Vorbild. China wird im Gegenzug vom Westen für dieses System jedenfalls vordergründig oftmals kritisiert. Wie glaubwürdig kann diese Pseudokritik sein und was haben die sogenannten Nachhaltigkeitsziele und die Smart City Charta damit zu tun?


Im chinesischen Sozialpunktesystem werden Bürger für gutes und konformes Verhalten belohnt und für schlechtes widerspenstiges Benehmen bestraft. Dass dieses System aber in ganz China eingeführt wurde ist ein Märchen. Deutsche Medien berichten das zwar gerne aber in Wirklichkeit wurde dieses Projekt ausschließlich in einigen Gegenden im Reich der Mitte getestet. So mancher der über eine Milliarde Chinesen hat von dieser Sache noch nie in seinem Leben etwas gehört und wird es aller Voraussicht nach auch nicht. China wird bei uns also als Überwachungsstaat par excellence dargestellt aber insgeheim arbeiten deutsche Institutionen, vor allem das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) an einem derartigen Projekt für Deutschland.


In der vom BMBF im Jahr 2020 in Auftrag gegebenen Studie "Zukunft von Wertvorstellungen der Menschen in unserem Land" diskutiert man ganz offenherzig darüber, wie ein Sozialkreditsystem in Deutschland eingeführt werden könnte und wie die Menschen darauf reagieren würden. Allerdings ist die Studie keine direkte Handlungsempfehlung für die Politik, das stellen die Autoren gleich zu Beginn klar:


„Die Ergebnisse der vorliegenden Studie stellen keine Prognosen oder finalen Antworten auf die Studien-Leitfragen dar. Vielmehr zielen sie darauf ab, im Sinne der Strategischen Vorausschau, ein breites Spektrum an möglichen Zukünften und Entwicklungspfaden aufzuzeichnen – und dabei auch zu einem Diskurs über die Zukunft anzuregen. Somit sollen die Ergebnisse u.a. einen Interpretationsrahmen für weitere Studien und Befunde, d.h. für die Einordnung von z.B. Trends und gesellschaftspolitischen Zusammenhängen, im dreijährigen Vorausschau-Prozess bieten."

Keine Handlungsempfehlung aber vielleicht ein schrittweiser Leitfaden für die kommenden Jahre? Demokratische Prozesse werden in dem Papier jedenfalls völlig hinten angestellt, individuelle Freiheit weicht Kollektivismus und Totalüberwachung und der Bürger soll staatlich erzogen werden. In der Studie des BMBF ließt sich das folgendermaßen:


„Was wäre, wenn …
… angesichts einer erfolgreichen Nutzung des Sozialkreditsystems in China auch andere Staaten über die Nutzung eines solches Systems diskutieren?
… auch Deutschland darüber nachdenkt, wie ein digitales Bonuspunktesystem grundsätzlich mit einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung vereinbar sein könnte, und letztlich ein solches System einführt?
… das Punktesystem in der Folge eine weitreichende Steuerungs- und Orientierungsfunktion in einer zunehmend heterogenen Gesellschaft entwickelt?
… Menschen in Deutschland daraufhin wichtige Lebensentscheidungen lieber auf Basis einer algorithmischen Empfehlung treffen, als auf die eigene Einschätzung oder den Rat ihrer Freundinnen und Freunde und Familien zu vertrauen?“

Und dann geht es direkt weiter zum Sozialpunktesystem:


„Für bestimmte Verhaltensweisen können im Punktesystem, das vom Staat betrieben wird, Punkte gesammelt werden (z.B. Ehrenamt, die Pflege Angehöriger, Organspenden, Altersvorsorge, Verkehrsverhalten, CO2-Abdruck). Neben der sozialen Anerkennung ergeben sich durch das Punktesammeln auch Vorteile im Alltag (z.B. verkürzte Wartezeiten für bestimmte Studiengänge).
Somit können Staat und politische Institutionen bestimmte Ziele über Anreize zur Verhaltensänderung verwirklichen (z.B. Steuerung des Arbeits- und Bildungsmarkts) und auch zukünftiges Verhalten genauer prognostizieren. Bürgerinnen und Bürger bringen in der Digital Liquid Democracy Themen auf die Agenda und stimmen über kritische Fragen ab. Unternehmen haben die Möglichkeit, an das Punktesystem anzudocken und die Daten nach vorheriger Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger (etwa personalisierte Risikoprämien) zu monetarisieren“

Über das mögliche Szenario das mit der Einführung des Systems einhergeht habe ich schon berichtet. Das Punktesystem solle laut Studie bis zum Jahr 2030 eingeführt werden, 20 Prozent der Befragten wären demnach auch aufgeschlossen gegenüber dieser Kontrolle, sie würden es sogar gut finden wenn ein derartiges Kreditsystem eingeführt würde. Außerdem, so die Autoren solle man sich quasi nicht so anstellen, denn es gibt ja bekanntlich schon die SCHUFA und da würde sich ja auch niemand darüber beschweren dass personenbezogene Daten gesammelt werden.


Die Bundesregierung hat ihrerseits keinerlei Stellungnahme zu der Studie abgegeben. Wäre den regierenden Politikern die freiheitliche Demokratie wirklich so wichtig wie sie immer und immer wieder betonen, dann hätte sich schon längst einer von ihnen gemeldet und die Ergebnisse der Studie als absolut Grundgesetzwidrig gebrandmarkt. Denn ein solches Szenario verstößt gegen jegliche freiheitliche Ordnung in der das Individuum noch Abwehrrechte gegen den Staat besitzt um dessen Gängelung und Überwachung zu entgehen.


Die Smart City Charta aus dem Jahr 2017, die von der Bundesregierung im Zusammenhang mit den UN-Nachhaltigkeitszielen (SDG) verfasst wurde, fügt sich perfekt mit dem Sozialkreditsystem zusammen. Unter Smart City Dialog heißt es dort:


„Die Charta unterstützt die Umsetzung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie und die Verwirklichung der globalen Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals).“
In dem 108 Seiten starken Papier kann man auf Seite 43 unter der Überschrift „Visionen eines hypervernetzten Planeten“ als Punkt 6 lesen:
„Post-voting society
Da wir genau wissen, was Leute tun und möchten, gibt es weniger Bedarf an Wahlen, Mehrheitsfindungen oder Abstimmungen. Verhaltensbezogene Daten können Demokratie als das gesellschaftliche Feedbacksystem ersetzen.“
Die reden offen von der Abschaffung von Wahlen, weil wir nach deren Plänen digital so durchgreifend erfasst und kontrolliert sein sollen, dass man aus den Daten ableiten kann, was die Mehrheit will. Daher braucht es keine Wahlen mehr, man kann die Entscheidungen auch ohne Wahlen treffen.“

Die sogenannten SDGs, die Nachhaltigkeitsziele der UNO passen nicht wirklich mit dem demokratischen Rechtsstaat zusammen so wie wir ihn kennen. Denn die Entscheidungen in einer "post-voting-society" trifft nicht mehr der Bürger als Souverän, sondern Digitalkonzerne wie Microsoft, Apple, Google oder Facebook (jetzt Meta). Welcher dieser Konzerne wird am Ende die Nase vorn haben, wenn es um die Massenüberwachung der Menschen geht? Momentan spricht so einiges für Microsoft, denn mit dem von Bill Gates finanzierten Projekt ID2020 wurde ein Tool entwickelt, dass es Gates erlaubt, jeden Menschen auf diesem Planeten mit einer digitalen Identität auszustatten und so die absolute Kontrolle zu erlangen.



Die deutschen Nachhaltigkeitsstrategien sind knapp 250 Seiten dick und erhalten viel Material um nachzuforschen, was wirklich hinter den blumig formulierten Zielen der Protagonisten steckt. So wie es aussieht, ein chinesisches System 2.0, in dem Opposition ausgebremst, Grundrechte abgeschafft und freie Meinungsäußerung unter Strafe gestellt wird. Schöne neue Welt.


Quellen:


(1) Vorbild China? - Studie erwägt Soziales Punktesystem in Deutschland bis zum Jahr 2030 (artikeleins.info)

(2) Studie – Zukunft von Wertvorstellungen der Menschen in unserem Land (vorausschau.de)

(3) Smart City Charta - BMI Dokument aus 2017 möchte Demokratie und Wahlen abschaffen (artikeleins.info)

(4) Smart City Dialog - Smart Cities gemeinsam gestalten! (smart-city-dialog.de)

(5) ID2020 | Digital Identity Alliance

(6) Entwurf_Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie 2016 (bundesregierung.de)

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