Russland: Nur noch Rubelzahlung gegen Gaslieferungen möglich. Druckmittel gegen den Westen?
Die Russische Föderation hat angekündigt sogenannten unfreundlichen Staaten die Gaslieferungen nur noch gegen Rubelzahlung zukommen zu lassen. Russlands Präsident Vladimir Putin hebelt mit diesem Schachzug die westlichen Sanktionen aus und entwertet damit die dominanten Währungen US-Dollar und Euro.

Die Russische Föderation möchte künftig ihre Gaslieferungen in sogenannte unfreundliche Staaten ausnahmslos in russischen Rubel bezahlt haben und setzt damit die Sanktionen des Westens quasi schachmatt. Denn die Staaten, die umfangreiche Sanktionen gegen Russland verhängt haben sind nun gezwungen, sich mit Rubel einzudecken oder der Gashahn wird einfach abgedreht.
Mit dieser Aktion lösen sich die Russen weitestgehend vom westlichen Erdgasmarkt und setzen lieber auf langfristige Lieferprojekte nach China. Wirtschaftsexperten warnen daher eindringlich vor einer geopolitischen Verschiebung, weg vom Westen und zum Nachteil der Europäer. Denn seit dem Jahr 2019 beliefern die Russen bereits China mit Erdgas durch die Pipeline "Power Siberia 1". Außerdem ist China auch ein Abnehmer von Flüssiggas aus der Russischen Föderation. Die chinesische Röhre ist 4000 Kilometer lang und verläuft unabhängig von den Versorgungsnetzen, die Erdgas nach Europa pumpen.
Zudem strebt man in den Beziehungen zwischen Russland und China bis zum Jahr 2025 eine Verdoppelung der Lieferungen an, von aktuell knapp 16 Milliarden Kubikmetern Erdgas auf 38 Milliarden Kubikmeter. Dabei helfen soll die neue Pipeline "Power Siberia 2", betrieben vom russischen Erdgaskonzern Gazprom, der in Zukunft in Kooperation mit dem chinesischen staatlichen Energiekonzern CNPC zusätzliche zehn Milliarden Kubikmeter Erdgas transportieren will.
Durch diese Vertragsvereinbarungen zwischen den Chinesen und den Russen wird Europa in eine energiepolitische Zange genommen, die Lieferungen sollen innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre beginnen. Dadurch wird die neue russisch-chinesische Röhre an das interne Gasnetz der Russischen Föderation angeschlossen und somit wird China aus denselben Erdgasfeldern der Yamal-Region beliefert werden wie auch die EU. Der Gaskonzern Gazprom kann damit Erdgaslieferungen nach Belieben umlenken und steuern, Experten gehen von einem Prinzip des Höchstbietenden aus und das dürfte wohl das Reich der Mitte sein.
Europa würde damit gehörig unter energiepolitischen Druck gesetzt werden und die Chinesen würden massiv profitieren. Im Verlauf der Olympischen Spiele in Peking wurden die Vereinbarungen hinsichtlich des Rohstofftransfers zwischen Putin und seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping besprochen und festgezurrt. Doch die beiden Länder verhandeln darüber nicht erst seit ein paar Wochen, die Deals wurden schon vor einigen Jahren vorgefertigt, spätestens nach der Fertigstellung und Inbetriebnahme von "Power Siberia 1". Da China seine Klimaziele bis ins Jahr 2060 erreichen will, sind die Erdgaslieferungen aus Russland doppelt nützlich, denn die Chinesen können dadurch auch ihre Flüssiggasimporte drastisch senken.
Pipelineerdgas aus Russland ist zu ähnlich erschwinglichen Preisen zu haben wie das klimaschädliche LNG-Flüssiggas und die Importrate von Flüssiggas in China wird voraussichtlich von 17 Prozent im Jahr 2021 auf neun Prozent bis Ende diesen Jahres sinken. Bis 2035 sehen Beratungsunternehmen wie die US-amerikanische Agentur McKinsey den chinesischen Erdgasbedarf um 50 Prozent ansteigen, was den Russen vielversprechende Geschäfte in Aussicht stellt.
Die Russen entfernen sich zunehmend von den üblichen Handelswährungen US-Dollar und Euro und steigen um auf russischen Rubel und chinesischen Yuan. Ursprünglich sollten die Geschäfte mit den Chinesen in Euro abgewickelt werden, doch davon rücken beide Länder immer mehr ab. Dem Westen stehen ungemütliche Zeiten bevor, wenn die Ostmächte ihre Geschäfte unabhängig von den westlichen Leitwährungen umsetzen. Und auch die neue Pipeline zwischen den beiden Staaten soll noch erweitert werden und dafür wurde Anfang des Jahres 2021 eine Studie zur Machbarkeit für ein Projekt namens "Soyuz Vostok" durchgeführt. "Soyuz Vostok" ist eine Pipeline, die von der Russischen Föderation über China in die Mongolei führen soll und in etwa 50 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr transportieren kann.
Ein weiterer energiepolitischer Schachzug des Ostens, der es den Europäern umso schwerer machen wird, an günstige Energiequellen zu gelangen, denn Europa und vor allem Deutschland können nicht einfach so über Nacht auf russische Erdgasimporte verzichten, das wäre Wunschdenken und ist nicht umsetzbar. Brüssel steht nun also unter Zugzwang und muss den Spagat zwischen harten Wirtschaftssanktionen und absehbaren innereuropäischen Streitigkeiten unter den 27 Mitgliedsstaaten intelligent gestalten. Denn nicht alle EU-Länder sind begeistert von der völligen Abkoppelung von Russland und somit könnte der EU in wirtschafts- und energiepolitischen Fragen eine Spaltung drohen. Denn "frieren für den Frieden" werden sich die Bürger nicht allzu lange gefallen lassen, genauso wenig wie horrende Energiepreise. Daher ist es an der Zeit aufeinander zuzugehen, denn die EU braucht Russland mehr als es andersherum der Fall ist. Putins Schachzug, Erdgas nur noch gegen russische Landeswährung zu verkaufen ist aus russischer Sicht brillant, aus chinesischer Sicht attraktiv und für Europa eine Katastrophe, die es sich selbst eingebrockt hat. Und das dürfte im schwelenden Wirtschaftskrieg erst der Anfang sein.
Quellen:
(3) https://www.pipeline-journal.net/news/power-siberia-2-pipeline-puts-ever-more-pressure-europe