Nach Fragenkatalog an BioNTech zum Impfstoff - Wissenschaftler finden Antworten unbefriedigend
BioNTech Gründer Uğur Şahin wurde jüngst mit Fragen von vier Wissenschaftlern zur Konsistenz und Qualität der Covid-19 Impfstoffe konfrontiert. Die Forscher erhielten jetzt Antworten, die sie nicht zufriedenstellen. Die Antworten zu den untypischen Merkmalen des Präparats Comirnaty seien irritierend und unbefriedigend. BioNTech erwartet nun ein neuer Fragenkatalog, der von den Wissenschaftlern auch gleich veröffentlicht wurde.

Am 20. Januar veröffentlichten vier angesehene Wissenschaftler einen offenen Brief an den Gründer der Firma BioNTech, Uğur Şahin und stellten darin Fragen zur Qualität und der Trübung des Präparats Comirnaty. Die Berliner Zeitung berichtete von dem Fragenkatalog und auch davon, dass die Forschergruppe noch keine Antwort des Unternehmens bekommen hatte.
Doch jetzt berichtete die Zeitung, dass die Gruppe Wissenschaftler bestehend aus Jörg Matysik, Professor für Analytische Chemie an der Universität Leipzig, Gerald Dyker, Professor für Organische Chemie an der Ruhr-Universität Bochum, Andreas Schnepf, Professor für Anorganische Chemie an der Universität Tübingen, Martin Winkler, Professor für Werkstoff- und Verfahrenstechnik an der Zürcher Hochschule der Angewandten Wissenschaften und Dr. Tobias Unruh, Professor der Physik der kondensierten Materie von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg ein paar Teilantworten erhalten haben. Der umfassende Briefverkehr wird von der Berliner Zeitung weiter dokumentiert und verfolgt.
Am 28. Januar 2022 ging BioNTech auf einige Fragen der Zeitung ein aber erst, nachdem diese mehrfach der Pressestelle des Unternehmens zugeschickt wurden. Zuerst wurde im Auftrag der Wissenschaftler die Frage nach der Reinheit des Serums gestellt, denn es würden bei Comirnaty Graufärbungen der Dispersion existieren, die auf eine Verunreinigung des Präparats hinweisen könnten. Die Antwort von BioNTech auf die Frage ob das zutreffend sei:
"Nein. Die Wahrnehmung einer Färbung des Impfstoffs ist im Beipackzettel beschrieben und kein Hinweis auf mögliche Verunreinigungen. Der Terminus 'weiße bis grauweiße Dispersion' ist ein 'Terminus technicus', der bei der Beschreibung pharmazeutischer Produkte verwendet wird. Im Englischen lautet er 'white to off-white'. Dies entspricht im Deutschen am ehesten der Bezeichnung 'gebrochenes Weiß' oder 'Cremeweiß' – und weniger einem 'Grau'. Produkte, die Nanopartikel enthalten, zeichnen sich im Allgemeinen durch diese Eigenschaft aus."
BioNtech vergleicht dieses Phänomen mit der Trübung von Milch:
"Ein vergleichbarer Effekt führt auch zur weißen Farbe bei Milch. Hier entsteht der Eindruck der weißen Milch durch die Streuung und Reflexion des Lichtes durch die Fettkügelchen in der Oberflächenschicht."
Damit lassen sich die Forscher allerdings nicht zufrieden stellen. In der deutschsprachigen Beilage steht "weiß" bis "grauweiß" und diese Information ist für die Wissenschaftler "missverständlich" und "wenig hilfreich". Gibt es nun verschiedene Farbabstufungen zwischen "weiß" und "cremeweiß" je nach benutzter Charge oder "ist die Farbe einheitlich"? Die Forschergruppe äußert sich zu dem Vergleich mit der Milchtrübung wie folgt:
"Ändert sich die Teilchengrößenverteilung der Dispersion (...) so würde sich wohl auch der Farbeindruck ändern. Daher nehmen wir an, dass die Firma BioNTech Ärzten nicht empfehlen würde, einen Impfstoff mit gräulichem Farbton zu verwenden. Sicherlich würde auch niemand von uns empfehlen, Milch mit gräulichem Farbton zu trinken."
Die "Kombination von Lipid-Nanopartikeln und mRNA" werde seit "einigen Jahrzehnten untersucht und in einer Vielzahl von Publikationen dokumentiert" so BioNTech auf die Frage der Qualitätsprüfung der mRNA-Technologie und deren Sicherstellung. Hierbei verweist der Konzern auf eine Veröffentlichung im Wissenschaftsmagazin Nature mit dem Titel "Reviews: Lipid nanoparticles for mRNA delivery" von Hou et al. (2021). Und weiter:
"Die Qualität jeder Charge wird umfangreich durch den Hersteller, sowie unabhängig davon, zudem durch die zuständige Bundesbehörde geprüft. In Deutschland ist dies das Paul-Ehrlich-Institut. Die Behauptung, dass die Impfstoffkomponenten 'nicht direkt zur Anwendung am oder im menschlichen Körper zugelassen' seien, wurde bereits in den letzten Wochen als irreführende Information identifiziert."
Die besagten Inhaltsstoffe des Präparats seien laut dem Unternehmen unter Anwendung der gültigen Qualitätsanforderungen hergestellt und geprüft worden und "sie sind als Bestandteil unseres COVID-19 Impfstoffs für die Anwendung am oder im Menschen zugelassen". Das sagen ja auch die Faktenchecker.
Die Forscher antworten auf diese Aussage des Unternehmens, dass "Einsatz von mRNA als Wirkstoff ebenso wie die Nutzung von LNP-Dispersionen als Arzneistoffträgersysteme" bis dato ausschließlich zur "Krebstherapie und der Behandlung anderer schwerster Krankheiten und Symptome" angewendet wurde und sie die Nutzungsbedingungen bei "weniger schwerwiegenden Erkrankungen" anders sehen würden und darüber hinaus "die Nebenwirkungen stärker in den Blick genommen" werden müssten. Zu den Zusatzstoffen und der damit einhergehenden Zusammensetzung der Präparate schreiben die Wissenschaftler:
"Bezüglich der Zusatzstoffe ALC-0159 und ALC-0315 wurden im Rahmen der bedingten Zulassung des COVID-19-Impfstoffs von der Zulassungsbehörde EMA besondere Verpflichtungen (specific obligations) ausgesprochen. Diese sind auch bei der Beantragung der jährlichen Verlängerung (Procedure no.: EMEA/H/C/005735/R/0046) der bedingten Zulassung immer noch als andauernd (ongoing) beschrieben. Weshalb wurden diese Auflagen bisher nicht erfüllt bzw. wie ist der aktuelle Stand der Studien zu diesen wichtigen Auflagen, die auch die Zusatzstoffe ALC-0159 und ALC-0315 betreffen?"
Kann es zu unterschiedlichen Nebenwirkungen bei verschiedenen Chargen der Substanzen kommen, wollten die Forscher wissen und "liegen darüber Erkenntnisse vor bzw. wurden von Ihnen dahingehend Studien durchgeführt"? BioNtech verneinte diese Frage und stellte klar, dass "bis heute keine chargen-spezifischen Nebenwirkungsmeldungen bekannt" sind und fügte hinzu, dass "diese Behauptung ohne Quellenangabe veröffentlicht" worden sei. Auf die Frage des Unternehmens, woher diese Behauptungen stammen antworteten die Forscher:
"Diese Antwort finden wir etwas irritierend. Unsere Information haben wir von der Internetseite 'How bad is my batch', welche, wie es dort angegeben ist, auf Daten der VAERS-Datenbank basiert. Dabei findet man eine gewisse Häufung von Nebenwirkungen bei bestimmten Chargennummern. Wir wollten nur wissen, ob die dort gelisteten Daten valide sind und ob analoge Daten auch von BioNTech im Rahmen der Pharmakovigilanz nach Chargennummern erhoben werden."
BioNTech fügte hinzu, dass daher mit Sicherheit Daten "im Rahmen der aktuell laufenden klinischen Studie III erhoben" worden sind "vor allem auch für die schon bekannten Nebenwirkungen, wie zum Beispiel Myokarditis. Diese Nebenwirkung ist ja auch im Beipackzettel gelistet". Wiederum als Gegenfrage stellte die Forschergruppe folgendes zur Debatte:
"Werden solche Daten auch für Deutschland erhoben? Gibt es hier auch Chargen, bei denen mehr oder weniger häufig Nebenwirkungen auftreten? Welche Untersuchungen hinsichtlich der Ursachen der Nebenwirkungen werden durchgeführt bzw. sind geplant?"
"Zugang zu der Liste der Prüfparameter, samt den erlaubten Abweichungen" wäre daher für die Wissenschaftler begrüßenswert und ohnehin wolle man gerne wissen:
"Weiterhin wäre es interessant, zu erfahren, wie die zusätzliche Qualitätskontrolle durch das unabhängige behördlich überwachte Kontrolllabor erfolgt und welche der Prüfparameter hier validiert werden. Werden auch die 12 Prüfparameter auf der Stufe des Wirkstoffs (mRNA) durch eine unabhängige Kontrolle validiert?"
"Drängende Fragen bezüglich der Nebenwirkungen der Impfstoffe und deren Ursachen bleiben immer noch ungeklärt" kritisieren die Forscher den Dialog mit dem Konzern, es würden noch mehr Fragen offen sein als BioNTech sie hat beantworten können, so das Fazit der Gruppe. Und weiter:
"Weiterhin ist BioNTech bislang nicht auf unsere Frage bezüglich der instantan (unverzüglich) nach der Impfung auftretenden Nebenwirkungen eingegangen. Solche Nebenwirkungen hängen sicher nicht mit der Bildung der Spike-Proteine zusammen, sondern sind eher einer toxischen oder allergischen Reaktion zuzuschreiben. Diesbezüglich könnten weiterführende Untersuchungen zu den Inhaltsstoffen helfen. Darum fragen wir, ob solche Untersuchungen im Gange oder geplant sind, um die Sicherheit der neuen mRNA Impfstoffe zu erhöhen."
Als Resümee bleibt für die fünf Wissenschaftler:
"Unserer Ansicht nach sind kritische Fragen und transparente Antworten im Sinne der Sorgfaltspflicht unabdingbar, gerade in einem solchen Fall einer nur bedingten Zulassung, von der dennoch praktisch jeder betroffen ist."
Auch gegenüber der Berliner Zeitung scheint Transparenz vonseiten der zuständigen Behörden nicht an erster Stelle zu stehen, denn die Journalisten ergänzten in ihrem Bericht:
"Wir haben die Fragen am 26. Januar auch an das Paul-Ehrlich-Institut gestellt, von dort jedoch bis zum Montag, dem 1. Februar abends, außer einer automatisierten Eingangsbestätigung unserer Anfrage keine Antwort erhalten."
Quellen:
(1) Chemiker zu Impfstoff: „Woher kommt der Grauton?“ (berliner-zeitung.de)
(2) Chemiker an BioNTech: „Diese Antwort finden wir etwas irritierend“ (berliner-zeitung.de)