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Assange - das Imperium hat zurückgeschlagen

Aktualisiert: 24. Dez. 2021

Trotz hoffnungsvoller Ansätze in der jüngeren Vergangenheit, dürfte das Schicksal des Whistleblowers Julian Assange endgültig beschlossen sein. Die USA haben nach ihrem Einspruch nun zweitinstanzlich die Auslieferung des Journalisten auf dem Silbertablett erreicht. Die freie Presse wird dadurch auch gleich beerdigt und ab sofort entscheiden Regierungen darüber, wer in ihren Augen eigentlich ein Journalist ist und wer nicht.


Am 10. Dezember 1948 riefen die Vereinten Nationen die allgemeine Erklärung der Menschenrechte aus. Gestern, am 11. Dezember feierte die Welt den internationalen Tag der Menschenrechte. In Artikel 5 der allgemeinen Erklärung steht:


"Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden."

Seit nunmehr zwei Jahren sitzt Julian Assange im Hochsicherheitsgefängnis im britischen Belmarsh ein, der grundlegend gegen Artikel 5 der Menschenrechts-Erklärung verstößt. Dieser Trakt wurde ursprünglich errichtet, um IRA-Kämpfer wegzusperren. Nun entschied sogar ein britisches Berufungsgericht, dass es bereit sei, Assange in die Vereinigten Staaten ausliefern zu lassen.


Assange, der Kriegsverbrechen des Landes aufgedeckt hatte dem er jetzt zum Fraß vorgeworfen wird, ist der einzige der in diesem Schauprozess noch etwas menschliches an sich hat, ungeachtet seines ausgezehrten, kranken Zustands der durch die abscheulichen Haftbedingungen der letzten beiden Jahre drastisch forciert wurde. Wäre jedoch irgendein anderer Journalist in der aktuellen, ausweglosen Situation wie der Whistleblower Assange, dann würden sich westliche Medien jetzt regelrecht überschlagen vor Solidaritätsbekundungen und Sanktionsforderungen gegenüber den beteiligten Staaten. Da es sich bei Assange aber um einen Dissidenten handelt, der quasi zum "Vogelfreien" erklärt wurde, schweigt der Westen überwiegend. Der Tag der Menschenrechte ist dann nicht mehr so entscheidend, der gilt schließlich nicht für alle.


Assange und Wikileaks


Julian Assange gründete mit Wikileaks, eine Plattform, die dazu dienen sollte, geheim gehaltene Dokumente an die Öffentlichkeit zu bringen. Chelsea Manning, die frühere IT-Spezialistin der US-Army, leitete Dokumente an die Plattform weiter, unter anderem ein Video das aus einem US-Hubschrauber aufgenommen wurde und zeigte, wie unbewaffnete Zivilisten, darunter ein Fotograf von Reuters aus dem Helikopter erschossen wurden. Ein Skandal für die USA, da es sich hier um ein sichtbares Kriegsverbrechen handelte.


Seit Vietnam, als die Zuseher die Kriegsereignisse noch live und unzensiert auf dem heimischen TV-Bildschirm verfolgen konnten, brachte kein anderes Dokument das Militär der Vereinigten Staaten in eine derart heikle Situation gegenüber der Öffentlichkeit. Nachdem im Vietnamkrieg Journalisten an der Front ungefiltert von den schrecklichsten Kriegsereignissen berichtet hatten, was zu massiven Protesten in den USA selbst führte, versuchte man künftig unter hohem Aufwand durch PR- und Marketingagenturen, sowie sogenannten "Embedded Journalism" die wahren Machenschaften der Kriege vor der Öffentlichkeit geheim zu halten.


Doch mit "Collateral Murder" kursierte nun plötzlich ein Video frei im Internet, das enorme Kriegsverbrechen der US-Army belegte und die eingehübschten Darstellungen der "Embedded Journalists" in den Schatten stellte. Diese konnten sich noch so viel Mühe geben, die Kriegsszenarien schönzureden, das Video von Wikileaks unterlief alle Bemühungen. 2013 wurde Manning wegen Spionage und der Tätigkeit für eine feindliche Macht zu 35 Jahren Gefängnis verurteilt, 2017 begnadigte sie der damalige US-Präsident Barrack Obama. Was man von dem ursprünglichen Urteil der Spionage und des Verrats halten soll, ergibt rechtlich gesehen nicht wirklich Sinn, denn das Aufdecken bewiesener Kriegsverbrechen hat mit Spionage und dem Wirken für fremde Mächte herzlich wenig zu tun.


Die Verfolgung von Assange


Betrachtet man den kompletten Verlauf der wahnwitzigen Verfolgung von Julian Assange, kann man nur zu dem Schluss kommen, das diese von vorneherein mit Lügen und allerhand Verdrehungen durchgesetzt wurde. Zuerst der Vergewaltigungsvorwurf in Schweden, der sich im Nachhinein als falsch erwies. Die Schweden wollten aber den Prozess, verbunden mit einem Urteil gegen Assange, damit sie ihn an die USA ausliefern hätten können. Der Vorwurf der Vergewaltigung diente vor allem zur Abschreckung von Assanges Vertrauten, die ihn zu Beginn seiner Mission noch begleiteten. Schweden erreichte eine Verurteilung und einen internationalen Haftbefehl und dadurch wurde der Whistleblower und Journalist in London verhaftet.


Eine Kautionszahlung brachte ihn aber wieder auf freien Fuß und schließlich fand Assange Unterschlupf in der Botschaft Ecuadors, in der er die kommenden sieben Jahre verweilte. Das Gebäude konnte er während des kompletten Aufenthalts kein einziges Mal verlassen. Durch einen Regierungswechsel in Ecuador und dem nun nicht mehr gewährten Asyl in der Botschaft musste Assange diese verlassen und wurde von der Londoner Polizei wegen Verstoßes gegen die Kautionsauflagen festgenommen.


Man konnte ihn nun festsetzen und in das berüchtigte Belmarsh verfrachten. Nach Bekanntwerden der Inhaftierung beantragten die USA relativ zügig seine Auslieferung, Assange wurde selbst nach seiner abgesessenen 50-Wochen Strafe wegen des Kautionsauflagenverstoßes nicht auf freien Fuß gesetzt. Diese absurde Haftstrafe stammte noch aus dem schwedischen Vergewaltigungsprozess, der sich mittlerweile als Luftnummer erwiesen hatte.


Der Westen und die heilige Pressefreiheit


Der Westen erstickt normalerweise im Eigenlob für die so viel gepriesene Pressefreiheit. Von Australien über Europa bis in die USA hätten Journalisten Sonderrechte, dürften ihre Quellen schützen und haben für ihre Arbeit üblicherweise nie mit juristischen Scherereien zu rechnen. Frühere Journalisten, die Kriegsverbrechen aufdeckten, wurden nie vor ein Gericht gestellt, bei Assange ist komischerweise alles anders. Nach britischem Recht hat Julian Assange keine Straftat begangen, das hätte die britische Justiz Richtung USA verlautbaren müssen. Stattdessen bediente man sich dem Spionagevorwurf als Ausweichmöglichkeit.


Das Internet und die damit verbundenen Möglichkeiten, sensible Inhalte zu publizieren, sind kein Freund der Regierungen dieser Welt. Dafür muss Assange jetzt büßen. Es war für den Konsumenten noch nie so leicht, an Informationen zu gelangen wie im heutigen digitalen Zeitalter. Deshalb wird auch schon massiv daran gearbeitet, das Netz zu säubern und zu zensieren und der Unterschied zwischen Mainstream- und Alternativmedien wird weiterhin zementiert. Wobei aber die Alternativmedien, entgegen der herrschenden Propaganda mittlerweile die eigentliche Aufklärungsarbeit betreiben.


An Julian Assange soll ein Exempel statuiert werden. Alles was gegen ihn unternommen wurde und wird, ist höchst demokratie- und verfassungsfeindlich. Durch die damit einhergehende Anmaßung des Staates, die Anerkennungshoheit darüber zu besitzen, wer Journalist ist und wer nicht, wird die viel gepriesene Fackel der Meinungs- und Pressefreiheit gleich mit abgeräumt.


Die Amerikaner begingen in der Vergangenheit ständig Kriegsverbrechen. Rücktritte oder gar Verurteilungen von hochrangigen Politikern gab es bis dato aber keine. Das änderte auch nicht das Video auf der Plattform Wikileaks. Menschen, die immer noch glauben, das US-Militär würde zum Brunnen bauen und Mädchenschulen errichten in den Ländern des Mittleren Ostens stationiert sein, dem könnte der Film allerdings die Augen geöffnet haben.


Aber der Prozess des Whistleblowers hatte die journalistische Note gar nicht mehr auf dem Plan. Das erste Auslieferungsgesuch der USA wurde aufgrund gesundheitlicher Probleme von Assange abgewiesen. Er wurde also erstinstanzlich nur gnadenhalber nicht den Wölfen zum Abendessen vorgeworfen, nicht aufgrund der Tatsache, dass er nur seiner journalistischen Tätigkeit nachging. Die Folgen der Haft in der er sich in Belmarsh befindet, gleichen einer psychologischen Folter, mit einem Journalisten geht man nicht so um. Artikel 19 der Erklärung der Menschenrechte ist derjenige Absatz über die Pressefreiheit:


"Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten."

Ruhe in Frieden freier Journalismus.


Quellen:


(1) Allgemeine Erklärung der Menschenrechte | bpb

(2) WikiLeaks video: 'Collateral murder' in Iraq - YouTube

(3) ZEIT ONLINE | Lesen Sie zeit.de mit Werbung oder im PUR-Abo. Sie haben die Wahl.

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