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Bundestag: Jeder Abgeordnete wird von mindestens 38 Lobbyisten beeinflusst

Laut offiziellen Daten des deutschen Lobbyregisters kommen auf jeden Abgeordneten im Deutschen Bundestag mindestens 38 Lobbyisten, die versuchen die Politik zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Und das sind nur die bekannten Zahlen, die Dunkelziffer dürfte weitaus höher sein.

Foto: pixabay.com


Seit dem Jahr 2022 muss der Deutsche Bundestag das sogenannte Lobbyregister auf seiner Webseite führen. Eingetragen sind mittlerweile 5006 sogenannte "aktive Interessenvertreter", darunter Netzwerke, Organisationen, Firmen und auch Einzelpersonen. Das Register dürfte aber alles andere als vollständig sein und das obwohl schon anhand der offiziellen Zahlen auf jeden Bundestagsabgeordneten im Schnitt 38 Lobbyisten kommen. Transparency International beklagt schon jetzt Schlupflöcher bei den eingetragenen Lobbyisten, denn es ist fraglich ob Verstöße gegen die Eintragungspflicht tatsächlich auch geahndet werden.


Die meisten Lobbyisten kommen mit knapp 46 Prozent aus der Wirtschaft, gefolgt von sogenannten Umweltlobbyisten und Interessenvertretern des Klimaschutzes (41 und 31 Prozent). Die Stiftung Klimaneutralität gGmbH bezahlt jährlich knapp 2,5 Millionen Euro um erneuerbare Energien auszubauen, der Energieriese Uniper zahlt für seine Interessen jährlich ungefähr 2,8 Millionen Euro und das trotz der massiv ansteigenden Energiepreise für den Endverbraucher. Denn trotz der erhöhten Belastung für die Bürger, machen sich die Energiekonzerne dank Gasumlage weiterhin ordentlich die Taschen voll, kein Wunder also, dass die Regierung sich von der Branche brav lobbyieren lässt.


Auch die Pharmaindustrie ist bei den Lobbyisten ganz vorne mit dabei, Pfizer bezahlte im vergangenen Jahr rund 1,4 Millionen Euro für die Wahrung seiner Konzerninteressen, im Rückblick betrachtet war das gut angelegtes Geld. Pfizer sponsorte im letzten Jahr auch den SPD-Parteitag, demnach ist auch klar, dass das Unternehmen in Gesundheitsminister Karl Lauterbach seinen absolut besten Interessenvertreter ins Rennen geschickt hat.


Die Gesetzeslage in Deutschland sieht vor, dass sich Interessenvertreter die Regierungsmitglieder und Abgeordnete kontaktieren und an Anhörungen und Sitzungen teilnehmen wollen, sich in das Lobbyregister eintragen müssen. Geschieht das nicht, drohen bis zu 50 000 Euro Geldbuße, davon ausgenommen sind Kirchen, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände. Doch laut Transparency würden auch diese Organisationen Lobbyarbeit betreiben und deshalb seien das "nur vorgeschobene Argumente". Von Transparency wird daher eine unabhängige Institution gefordert, die überwacht ob die Gesetze und Regeln eingehalten werden.


Die Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP haben zwar zugesagt, dass man künftig allen neuen Gesetzen entnehmen soll, wer darauf Einfluss hatte, doch Transparency befürchtet, dass es sich dabei nur um "Placebos" handelt und daher werde man sehr genau darauf achten "ob man wirklich nachvollziehen kann, wie zu welchem Thema lobbyiert wurde und wer das gemacht hat". Das müsse bis in die untersten Ebenen nachvollziehbar sein, doch ob sich die lobbyierte Regierung an die eigenen Vorgaben künftig halten wird, kann getrost bezweifelt werden. Zu groß sind die finanziellen Anreize gelungener Geschäfte mit Konzernen.


Pikant beim Lobbyregister ist auch die Tatsache, dass 28 der registrierten Interessenvertreter selber auch Bundestagsabgeordnete sind. Die Dunkelziffer dürfte aber auch hier um einiges höher liegen. Doch die 28 Abgeordneten können durch ihre Doppelrolle ihrer eigenen Lobby gezielt dienen und ihr zuarbeiten. Sie können sich durch geschickt formulierte neue Gesetze und Verordnungen also massive Profite selbst zuschanzen, sie werden dadurch faktisch doppelt bezahlt.


Quellen:


(1) https://www.lobbyregister.bundestag.de/suche?filter%5Bactivelobbyist%5D%5Btrue%5D=true

(2) https://www.n-tv.de/politik/Transparency-beklagt-Schlupfloecher-im-Lobbyregister-article23498700.html

(3) Registereintrag - Lobbyregister des Deutschen Bundestages

(4) Registereintrag - Lobbyregister des Deutschen Bundestages

(5) https://www.t-online.de/finanzen/unternehmen-verbraucher/verbraucher/id_100033000/gasumlage-auf-verbraucher-habeck-geht-von-einigen-hundert-euro-pro-haushalt-aus.html

(6) https://www.bloomberg.com/news/articles/2022-07-04/uniper-in-talks-over-bailout-package-to-plug-9-4-billion-hole?sref=6uww027M

(7) Registereintrag - Lobbyregister des Deutschen Bundestages

(8) https://www.artikeleins.info/post/spd-parteitag-wurde-gesponsert-von-pfizer-microsoft-und-der-dfl

(9) https://www.sueddeutsche.de/politik/bundestag-halbherziges-nachschaerfen-des-lobbyregisters-befuerchtet-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-220801-99-228447

(10) https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/lobbyregister-in-berlin-kommen-38-lobbyisten-auf-jeden-abgeordneten-li.252461


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